Wie mangelnde Bildung unsere Demokratie gefährdet

von Wolfram Hartmann

Es ist gekommen wie befürchtet. Parteien an den Rändern des politischen Spektrums haben bei den Wahlen in Thüringen und Sachsen einen Höhenflug erlebt. Was bringt vor allem junge Menschen dazu, den Volksverführern und -verhetzern Glauben zu schenken und durch ihr Wahlverhalten die Demokratie ins Wanken zu bringen? Überraschenderweise ist es auch ein Mangel an Bildung. Das belegen sozialwissenschaftliche Forschungen.

Eine Vielzahl von empirischen Studien hat auf einen Zusammenhang zwischen der Bildung und dem Bildungsweg von Jugendlichen und ihren politischen Einstellungen und Verhaltensbereitschaften hingewiesen (z.B. Kaase, 1989; 1990; Fend, 1991; Hoffmann-Lange, 1995a; Hoffmann-Lange et al., 1996). Beispielsweise wird eine höhere Bildung mit einem höheren Politikinteresse und einer höheren politischen Partizipationsbereitschaft verbunden (z.B. Barnes et al., 1979; Hoffmann-Lange, 1995a; Bürklin & Klein, 1998). Darüber hinaus scheint eine höhere Bildung auch mit einem demokratischeren Weltbild einherzugehen (vgl. u.a. Winkler, 1996).

Die Ergebnisse international vergleichender Bevölkerungsstudien (Klingemann, 1979) und Studien zu politischen Führungsgruppen (Herzog et al., 1993) weisen außerdem darauf hin, dass höher gebildete Bevölkerungsgruppen gegenüber demagogischen Einflüssen weniger empfänglich sind.

Insofern scheint eine höhere Bildung nicht nur mit einem stärkeren politischen Interesse und einer höheren Partizipationsbereitschaft einherzugehen, sondern auch mit einer größeren Unterstützung des demokratischen Systems und seiner Parteien. (Quelle: Katrin Isermann &  Karin Weiss in: Jugendliche Wähler in den neuen Bundesländern - Eine Längsschnittstudie zum Verhalten von Erstwählern bei der Bundestagswahl 1998)

Diese Erkenntnis zeigt sich auch bei den Wahlergebnissen in Thüringen und Sachsen vom 01.09.2024. (Quelle: Konrad-Adenauer-Stiftung)

Die AfD schneidet bei Männern und bei jüngeren und mittelalten Wählerinnen und Wählern besonders gut ab. Im Detail weichen die Analysen von Infratest dimap und der Forschungsgruppe Wahlen allerdings voneinander ab. Bei Infratest dimap fallen vor allem die jüngeren Männer unter 25 Jahren mit einem Wähleranteil von 46 Prozent für die AfD auf. Bei den Männern zwischen 25 und 59 Jahren liegt die AfD in diesen Daten bei 40 bis 42 Prozent. Die Forschungsgruppe Wahlen weist für Männer unter 30 Jahren und zwischen 30 und 44 Jahren 41 Prozent AFD-Wähler aus, für Männer zwischen 45 und 59 Jahren 43,9 Prozent. Es zeigt sich übereinstimmend, dass Männer aller Altersgruppen häufiger die AfD wählen als Frauen.

 

Auch unter Katholiken kann die AfD überdurchschnittlich hinzugewinnen. Zudem ist die AfD in ländlicheren Gebieten überdurchschnittlich stark und gewinnt auch hier überdurchschnittlich hinzu.

Ob junge Männer oder Männer mittleren Alters die höchsten AfD-Wähleranteile aufweisen, variiert jedoch zwischen den Instituten. Überdurchschnittliche Ergebnisse und überdurchschnittliche Zugewinne erzielt die AfD unter Wählerinnen und Wählern mit niedriger und mittlerer formaler Bildung.

Wir vom DKB fühlen uns erneut in unserer Forderung nach früher und umfassender Bildung für alle Bevölkerungsschichten bestätigt. Nur so lässt sich die Gefahr des Abdriftens in das linke oder rechte Ohne-uns-Lager bannen und unsere Demokratie bewahren.

 

Dr. Wolfram Hartmann

 

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