Lieferengpassbekämpfungsgesetz: Frühwarnsystem für drohende Engpässe und erweiterte Zuzahlungsbefreiungen für Kinderarzneimittel
Das Bundeskabinett hat am 5.4.23 den Entwurf eines „Gesetzes zur Bekämpfung von Lieferengpässen bei patentfreien Arzneimitteln und zu Verbesserung der Versorgung mit Kinderarzneimitteln (ALBVVG)“ beschlossen.
Wird dies unseren Kindern – und Versorgern – Vorteile bringen? Sicher wird es die aktuelle defizitäre Situation nicht verbessern können, sondern ist perspektivisch ausgerichtet. Der Begriff „Frühwarnsystem“ ist in der präventionsorientierten Kindermedizin sehr positiv konnotiert; die Maßnahmen, die das Gesetz vorsieht, mögen auch das Zusammenspiel von Herstellern, (Krankenhaus-)Apotheken und BfArM* so verbessern, dass man Engpässe schneller und passgenauer vorbeugen kann. Die rechtzeitige Kommunikation mit und der Einbezug von zuständigen Bundesbehörden und Politik muss dazu natürlich gelingen.
Auch die pharmazeutische Forschung soll durchfinanzielle Anreize verstärkt werden, zumindest für die Entwicklung von Reserveantibiotika. Für rabattierte Arzneimittel sollen durch verbindliche dreimonatige Lagerhaltung kurzfristigen Mehrbedarfen begegnet werden. Apotheker dürfen durch erleichterte Austauschregeln wirkstoffgleiche Arzneimittel abgegeben.
Im Alltag dürften sich durch diese Regelungen vornehmlich bürokratisch bedingte Probleme verringern. Dadurch dass für Kinderarzneimitttel die Preisregeln gelockert werden sollen, müssen Pharmaunternehmen umdenken, denn künftig dürfen keine Festbetragsgruppen mehr mit Kinderarzneimitteln gebildet werden. Den Herstellern wird die Möglichkeit gegeben, einmalig den zuletzt geltenden Festbetrag bzw. den Preismoratoriums-Preis um bis zu 50 % (!) anzuheben - sicherlich ein großes Zugeständnis für eine Gruppe mit guter Lobby. Danach übernehmen Krankenkassen die Mehrkosten von ärztlich verordneten Arzneimitteln. Ohne Zweifel wird dies zu einer Verlagerung der finanziellen Belastung zuungunsten der Solidargemeinschaft von Beitragszahlern führen.
Aussicht:
Wenn – bzw. sobald - die gewünschten Effekte eintreten, dürfte in der Praxis manches leichter werden, für Verordnende, für Apotheker und für Familien, deren Kinder diese Medikamente brauchen. Auch finanzielle Erleichterungen sind für diese zu erwarten: Statt heute bei 30 % soll die Zahlungsbefreiungsgrenze künftig bei 20 % liegen. De facto kann also der GKV-Spitzenverband Arzneimittel von der Zuzahlung freistellen, wenn der Preis mindestens 20 % unter dem Festbetrag liegt. Durch Zuzahlungsbefreiungsregeln und einen niedrigeren Ansatz wird der Preisdruck gesenkt.
In der Summe werden diejenigen, die zuzahlungspflichtige Arzneimittel benötigen, dadurch entlastet.
Dieses wird vor allem für Kinder und Familien mit sozioökonomischer Benachteiligung von Vorteil sein. Durch Umsetzung des Gesetzesentwurfs kann also zu einer bedarfsgerechteren und vor allem gerechteren Arzneimittelversorgung von Kindern beigetragen werden.
Das Deutsche Kinderbulletin wird die Entwicklung weiterverfolgen und darauf achten, dass auch für Kinder aus prekären Familienverhältnissen und Flüchtlingsfamilien gemäß der UN-Kinderrechtskonvention eine bestmögliche gesundheitliche Versorgung bei uns erhalten.
*BfArM: Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte