Das sind die Hilfen, die Kinder aus Familien des unteren sozialen Statusbereiches brauchen!

Zum 8. Ruhrgebietskongress zur Kinder- und Jugendgesundheit "Bildung und Gesundheit"

Ohne aufsuchende sozialräumliche Lotsendienste wird es nicht gelingen, Kinder aus Familien des unteren sozialen Statusbereiches in erforderlichem Maße fördern zu können. Sie sollen helfen, dass die Eltern sozialräumliche Hilfe- und Unterstützungsangebote bekommen und die Kinder so früh wie möglich durch eine ausreichende Entwicklungsanregung ihre angeborenen Fähigkeiten entfalten können. Nur so kann zum Einschulzeitpunkt Bildungs-Chancengleichheit hergestellt werden. Hausärztlich tätigen Ärzten – insbesondere Kinder- und Jugendärzten - kommt hierbei eine entscheidende Erkenner- und Vermittlerrolle zu.

Darauf weisen die Initiatoren des Deutschen Kinderbulletins hin, dem Wissenschaftler, Kinder- und Jugendärzte sowie Bildungsforscher angehören. Damit unterstützt das Kinderbulletin jüngste Forderungen des 8. Ruhrgebietskongresses zur Kinder- und Jugendgesundheit, der in Essen mit 180 Teilnehmern vor Ort und 325 Online-Teilnehmern stattgefunden hat. Ohne diese aufsuchende und begleitende Unterstützung werde es nicht gelingen, den hochsignifikant schlechteren sprachlichen, kognitiven und allgemein psycho-intellektuellen Entwicklungstand von Kindern aus Familien des unteren sozialen Statusbereiches kompensieren zu können, sagt Dr. Ulrich Fegeler vom Deutschen Kinderbulletin, der selbst bei Ruhrgebietskongress über die Gesundheitsversorgung im Sozialraum referierte. PädiaterInnen und HausärztInnen sollten Familien gefährdeter Kinder vor allem über die soziale Unterstützungsstrukturen im Sozialraum informieren und entsprechend weiterleiten. Das setze allerdings voraus, dass den ÄrztInnen nicht nur die diversen hilfe- und Unterstützungseinrichtungen (z.B. Familienzentren; Frühe Hilfen) in ihrem Umfeld auch bekannt sind, sondern auch, dass für die Terminorganisation und auch das Aufsuchen solcher Einrichtungen ein einfach zu erreichender (Telefon!) aufsuchender und evtl. begleitender Lotsendienst eingerichtet ist. Er hilft, Hemmschwellen zu beseitigen und Hilfen anzunehmen.

Darüber hinaus ist beim Kongress die Bedeutung der „school-nurse“ herausgestellt worden, die von Erste-Hilfe-Versorgungen bis hin zu allen gesundheitlichen Beratungen ein wichtiges Bindeglied zu den Gesundheitseinrichtungen des Sozialraumes bilden kann. Zudem komme auch den Familienzentren eine „herausragende Rolle als sozialräumliche Anlaufpunkte für alle sozialen, edukativen oder betreuerischen Probleme der Familien zu“, bekräftigte Fegeler. Dies vor allem deshalb, weil insbesondere die Niedrigschwelligkeit der Einrichtungen gerade auf Familien aus dem unteren sozioökonomischen Statusbereich (Bildungsferne und Einkommensarmut) mit geringer Steuerungskompetenz zugeschnitten sind. Schließlich gewinnen auch „Familiengrundschulzentren“ als Kristallisationsorte für vernetztes Handeln zunehmend an Bedeutung.

Denn eine enge Zusammenarbeit zwischen dem Bildungs- und Gesundheitssystem ist entscheidend, um Gesundheit und Entwicklung von Kindern und Jugendlichen von frühester Zeit an optimal zu fördern. Hierbei ist es erforderlich, dass Schulen und Kitas nicht nur als Orte des Lernens, sondern auch als wichtige Akteure im Gesundheitswesen wahrgenommen und weiterentwickelt werden. Dies erfordert eine gute Kooperation und einen regelmäßigen Austausch zwischen den Akteurinnen und Akteuren wie etwa dem Schul- und dem Gesundheitsamt, niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten sowie Lehrerinnen und Lehrern“, stellte Peter Renzel, Stadtdirektor der Stadt Essen, heraus.

Mitunter gelingt diese Zusammenarbeit zwischen vorschulischer bzw. schulischer Bildung und Einrichtungen des Gesundheitssystems im Sozialraum schon recht gut. Dennoch seien weitergehende Anstrengungen erforderlich, um mehr erfolgreiche Kooperationsmodelle bundesweit auf den Weg zu bringen und nachhaltig zu etablieren. Fegeler: „Jeder Ansatz, der zu einer gelingenden frühkindlichen Anregung und -entfaltung der angeborenen Fähigkeiten beiträgt, ist für Kinder aus den unteren sozialen Statusbereich im Hinblick auf ihre spätere Bildungs- und Sozialprognose hin von enormer Bedeutung.“ Das Deutsche Kinderbulletin wird daher die Anregungen vom 8. Ruhrgebietskongresses zur Kinder- und Jugendgesundheit immer wieder aufgreifen und in die politische Debatte einbringen. Wie zum Beispiel die oben wiederholt angeführte und  längst überfällige Etablierung eines sozialräumlichen aufsuchenden Lotsendienstes zur außerfamiliären Förderung sozial benachteiligter Kinder!

Weitere Informationen / Vortragsfolien zum 8. Ruhrgebietskongress:

https://www.gesund-aufwachsen.ruhr/kongresse/rueckblick-2023

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