Nach einer am 19.10.2022 veröffentlichten Bertelsmann-Studie stehen im kommenden Jahr mit 383.600 deutlich weniger Kita-Plätze zur Verfügung, als benötigt werden. Das geht aus unseren neuen Berechnungen für das aktuelle Ländermonitoring Frühkindliche Bildungssysteme hervor.
Insbesondere die westdeutschen Länder können den Betreuungsbedarf von Eltern für ihre Kinder noch nicht decken. Doch es fehlt nicht nur an Plätzen, sondern häufig auch an einer kindgerechten Personalausstattung, gerade in Ostdeutschland. Um das zu ändern, braucht es viel mehr Fachkräfte, doch genau die fehlen. Das Problem verlangt dringend nach politischen Antworten.
Fachkräftemangel
Um den Betreuungsbedarf der Eltern zu erfüllen, müssten zusätzlich zum vorhandenen Personal weitere 93.700 Fachkräfte im Westen und 4.900 im Osten eingestellt werden.
Zwei Bundesländer müssen keine zusätzlichen Kita-Plätze schaffen
Ein genauerer Blick zeigt, dass in fast allen Bundesländern, vor allem in den westdeutschen, die Nachfrage der Eltern nach Kita-Plätzen höher ist als der Anteil an Kindern, die 2021 betreut wurden. Der größte Mangel besteht im bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen mit 101.600 fehlenden Kita-Plätzen, während in Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen kein Platzausbau erforderlich ist.
Besonderer Bedarf bei U3
Der Ausbaubedarf unterscheidet sich darüber hinaus nach Altersgruppe. Den Berechnungen zufolge fehlen für unter dreijährige Kinder in Westdeutschland rund 250.300 Kita-Plätze, in Ostdeutschland (inklusive Berlin) sind es rund 20.700. Für die Kinder ab drei Jahren gibt es in den westdeutschen Bundesländern 112.100 Plätze zu wenig, gegenüber 500 im Osten.
Personalschlüssel entspricht vielfach nicht den wissenschaftlichen Empfehlungen
Die Problemlage tritt noch deutlicher zutage, wenn auch die Qualität der frühkindlichen Bildung verbessert werden soll. Denn noch immer werden bundesweit 68 Prozent aller Kita-Kinder in Gruppen betreut, deren Personalschlüssel nicht den wissenschaftlichen Empfehlungen entsprechen. In Ostdeutschland trifft dies auf rund 90 Prozent der Kita-Kinder zu, doch auch im Westen ist der Anteil mit 63 Prozent zu hoch. Damit 2023 nicht nur ausreichend Kita-Plätze zur Deckung der Betreuungsbedarfe bereitstehen, sondern auch alle Plätze kindgerechte Personalschlüssel aufweisen, müssten 308.800 Fachkräfte zusätzlich beschäftigt werden. Das entspräche Personalkosten von rund 13,8 Milliarden Euro jährlich.
Fazit und Forderung
Der Bund muss in größerem Umfang in die dauerhafte Finanzierung des Kita-Systems einsteigen, um die Chancengerechtigkeit zu verbessern. KiTas sind insbesondere für Kinder aus sozial benachteiligten Familien eine der wichtigsten vorschulischen Bildungseinrichtungen, sie müssen ausreichend vorhanden und qualitativ so eingerichtet sein, dass alle Kinder zum Schulbeginn weitestgehend gleiche Startchancen erhalten. Die jüngste Bildungsstudie hat gezeigt, dass wir hier einen ganz erheblichen Nachholbedarf haben, ja sogar im Zuge der coronabedingten Schließungen frühkindlicher Bildungseinrichtungen zurückgefallen sind. Hier werden Kinderrechte ganz erheblich von der Politik missachtet!
Zusammenstellung und redaktionelle Bearbeitung
Dr. Wolfram Hartmann