Diese Frage muss man sich angesichts der jüngsten politischen Entscheidungen schon stellen: Kennen unsere Politikerinnen und Politiker immer noch nicht die vielen Studien, die belegen, dass sich die Investitionen in die frühe Bildung unserer Kinder später bis zu 100-fach auszahlen?
Keine Investition ist daher auf lange Sicht besser angelegt als die Investition in die Bildung von Kindern und Jugendlichen. Je früher man damit beginnt, desto größer ist der Langzeiterfolg. Heute wissen wir, dass ein entscheidender Schritt für eine gute spätere Bildung eine ausreichende frühkindliche Entwicklungsanregung ist. Wir finden als konstantes Ergebnis der Schuleingangsuntersuchungen, dass Kinder aus armen und bildungsfernen Familien teilweise um ein Vielfaches schlechtere Ergebnisse in der sprachlichen und kognitiven Entwicklung und im sozialen Verhalten erzielen. Diese Grundfähigkeiten sind aber essenziell für die weitere schulische und später berufliche Laufbahn.
Und was plant die Bundesregierung? Sie möchte die Kindergrundsicherung finanziell von 12 auf 2 Milliarden Euro derart abspecken, dass vom ursprünglichen geplanten großen Wurf kaum mehr etwas übrigbleibt. Doch damit nicht genug. Statt vorwärts, geht es nun rückwärts. So sollen die Ausgaben für Bildung und Forschung um 1,2 Milliarden Euro im nächsten Haushalt gekürzt werden.
Dabei besteht hierzulande immenser politischer Handlungsbedarf.
72 Prozent der Erwachsenen und 61 Prozent der Kinder und Jugendlichen finden nach jüngsten Ergebnissen von repräsentativen Befragungen des Deutschen Kinderhilfswerks, dass eher wenig bzw. sehr wenig zur Reduzierung der Kinderarmut getan wird.
Schon seit vielen Jahren schneidet eines der reichsten Länder der Welt im Bildungsvergleich mit anderen Industrienationen nur mittelmäßig ab. Prekär sind insbesondere diese beiden Indikatoren: Rund 3 Millionen von 15 Millionen Kindern und Jugendlichen leben hierzulande an oder sogar deutlich unter der Armutsgrenze. Und etwa 60.000 Jugendliche verlassen jährlich die Schule ohne jeglichen Bildungsabschluss.
Diese gravierenden Bildungslücken, die angesichts der demographischen Entwicklung verheerende Konsequenzen haben, werden nicht mit Ausgabenkürzungen im Bildungsbereich geschlossen werden können. Ansonsten droht uns eine Scherbenhaufen, der künftig teuer bezahlt werden muss. Das Deutsche Kinderbulletin fordert daher die Bundesregierung auf, den Haushaltsentwurf in diesem Bereich rasch zu überarbeiten und mit einem erhöhten Etat zu versehen und diesen dann im Parlament einzubringen.
Hierfür wären auch die meisten Bundesbürger bereit, einen höheren Beitrag zu leisten. Knapp zwei Drittel der Erwachsenen würden laut Deutschen Kinderhilfswerk sogar mehr Steuern bezahlen, wenn damit das Problem der Kinderarmut in Deutschland wirksam bekämpft würde.